Dienstag, 3. September 2013

 Die gleiche "Basis"

 

Wenn jemand zu dir sagen würde, man kann psychische Erkrankungen als "extreme Ausprägungen von ganz normalen Verhaltensweisen" ansehen was wären deine Gedanken dazu? Würdest du spontan zustimmen oder es in Frage stellen?

Falls ihr meinen Blog schon länger verfolgt, wisst ihr, dass ich ihn auch dazu nutzen möchte mehr über die Psychiatrie im allgemeinen und die Menschen in der Psychiatrie zu berichten, um ein realistisches Bild vermitteln zu wollen. Heute möchte ich damit anfangen.
Letzte Woche Mittwoch war beim Seminar die Frau bei uns zu Besuch, bei der ich auch mein Bewerbungsgespräch für mein FSJ vor mehreren Monaten hatte.
Es war nicht der von ihr vorbereitete Vortrag selbst, sondern viel mehr unser Austausch von persönlichen Erfahrungen unter ihrer Anleitung und Veranschaulichungen, die mich in die Lage versetzt haben, dazu eigene Gedanken zu entwickeln und das was ich gehört habe sofort weitergeben zu wollen, weil ich es unglaublich wichtig finde und ich ihr so interessiert zugehört habe, gerade deshalb weil sie meiner Meinung nach die richtige Formulierungen gefunden hat.
Ich habe gelernt einiges aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten und hoffe hiermit den ein oder anderen zumindest zum Nachdenken anzuregen.


Viele Menschen sind von Personen, die unter psychischen  Krankheiten leiden abgeschreckt, können sich nicht mit ihnen identifizieren, oder haben Angst vor ihnen. Wiederrum sind viele Patienten ängstlich, wenn es darum geht Menschen aus ihrem Bekanntenkreis zu erzählen, dass sie in einer Psychiatrie sind oder waren.
Auf meiner Station habe ich schon viele Menschen mit den unterschiedlichsten Erkrankungen kennengelernt. Den meisten sieht man ihre Erkrankung nicht an.
Nun die Frage: Was unterscheidet uns denn maßgeblich von diesen Menschen bzw. was verbindet uns? Die oben stehende Formulierung psychische Erkrankungen wären eine "extreme Ausprägung ganz normaler Verhaltensweisen" trifft es auf den Punkt. Ich will nochmal einzelne Beispiele nennen, mit denen wir uns im Seminar dieser Definition noch weiter angenähert haben.
Es gibt viele Menschen, die Angst haben Nachts alleine Zu hause zu sein. Was passiert dann? Sie meinen Geräusche wahrzunehmen oder Bewegungen etc. und fühlen sich dadurch nicht mehr wohl oder sicher und haben vielleicht sogar Angst es könnte jemand bei einem einbrechen. Man bildet sich etwas ein. Menschen, die unter Halluzinationen leiden (sowohl unter schlechten als auch unter guten) haben auch eben solche Einbildungen, jedoch sehen sie sie wirklich und meinen sie würden wirklich existieren. 
Hinzu kommt, dass wenn man sich einbildet jemand würde bei einem einbrechen, man von einer realistischen Möglichkeit ausgeht, die tatsächlich eintreten könnte. Wo hingehen die Einbildungen von Menschen, die unter Halluzinationen leiden fern ab jeglicher Realität sind. So kommt es oft vor, dass sie sich verfolgt fühlen oder meinen sie würden z.B. lauter Spinnen auf ihrem Bett sehen. 

Jeder Mensch würde nehme ich mal an, meinen sich eher in einem Menschen hineinversetzen zu können, der unter einer Angststörung leidet als in einem Menschen, der unter Depressionen oder dem Borderline Syndrom leidet.  Weiter gehe ich davon aus, dass das vor allem damit zusammenhängt, dass die Begriffe Depressionen ganz andere Assoziationen hervorruft und allein das schon vielen Menschen unangenehm ist.  
Doch es ist so: alle Menschen haben vor etwas Angst oder kennen Stimmungsschwankungen bzw. Phasen, in denen es einem mal besser und mal schlechter geht. Bei Angststörungen kommt es jedoch vordergründig auf die Sache an auf der man seine Angst projiziert und in wieweit diese Angst den eigenen Alltag beeinträchtigt. Wenn man Angst hat mit dem Fahrstuhl zu fahren nimmt man die Treppe, aber wenn man Angst hat vor geschlossenen Räumen oder Keimen ist die Lösung weit weniger einfach und man sieht sich nicht mehr in der Lage seinen Alltag in eigener Regie zu gestalten und zu meistern.
Bei Depressionen sehen sich die Patienten unter extremen Stimmungsschwankungen gefasst, die in Phasen untergliedert sind und auf die sie kaum Einfluss haben.

Auf was ich hinaus will ist folgendes: Es ist wichtig nicht nur auf die Unterschiede zu schauen, solche Menschen als unnormal zu tätowieren und sich komplett von ihnen abgrenzen zu wollen. Denn aufgrund der Tatsache, dass alle Menschen die gleichen Veranlagerungen haben, diese Patienten aber einzelne extreme Ausprägungen haben, die zu ihren Problemen werden, haben wir alle die gleiche Basis von der wir ausgehen.


Mir persönlich fiel es schwer, diesen Beitrag zu schreiben, da ich Schwierigkeiten hatte die richtigen Formulierungen zu finden um es so anschaulich wie möglich zu machen. Ich hoffe, mir es es dennoch einigermaßen gelungen.
Durch mein FSJ fühle ich mich verantwortlich dafür, für die Patienten, die ich bisher kennengelernt habe einzustehen um ihnen damit zu helfen, dass ihre Krankheiten akzeptiert werden.

 

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