Freitag, 15. November 2013

Es war einfach ein besonders schöner Tag

 

Hier endlich mal wieder ein Post über meine letzte Arbeitszeit im FSJ. Und was soll ich sagen- es gibt nur positives zu berichten!:)
Die letzte Zeit war ziemlich intensiv, da ich fast immer da war. Es ist ja nun mal so, dass ich entweder eine Woche habe, in der ich 7 Tage durcharbeite, oder eine Woche, in der ich das Wochenende und einen Tag unter der Woche frei habe. Auch wenn das vorallem in der 7 Tage Woche auch anstrengend ist, ergeben sich daraus aber wirklich nur gute Sachen. Ich merke wirklich sehr deutlich, dass die Patienten mich nicht nur akzeptiert haben, sondern mir die meisten auch richtiges Vertrauen entgegenbringen. Außerdem, kann ich die Patienten dadurch auch viel besser kennenlernen. Momentan haben wir nämlich auch viele Studenten, die 2 Wochen da bleiben und dann wieder die nächsten kommen. Natürlich ist das für die mal ganz interessant, aber wirklich kennenlernen tun sie die Patienten in der kurzen Zeit natürlich nicht. Und für die Patienten ist das auch teilweise echt nervig, dass sie neben all den vielen Mitarbeitern, dann auch noch jedes mal eine neue kleine Horde Studenten kennenlernen. Vorallem bei den Visiten, wo wir durch die Studenten schon mal 11 Leute waren, kann ich gut verstehen, dass einige Patienten sich da eher unwohl fühlen, und sagen, dass sie das nicht möchten. Jedenfalls fühle ich mich da doch deutlich priviligiert, dass ich zum festen Team dazu gehöre. 
Ich selber bin auch viel sicherer geworden. Dadurch, dass ich immer mit anderen Kollegen zusammen arbeite, muss ich mich erst einmal immer an deren Routine und Rangehensweisen gewöhnen. Mittlerweile habe ich das jetzt geschafft, und ich weiß was meine Aufgaben sind und im Kontakt zu den Patienten fühle ich mich viel sicherer als zuvor.  Ich traue mir mehr zu, und kann auch den Überblick viel besser behalten. Es ist einfach so interessant, was ich dort alles lernen kann, allein schon damit angefangen, dass ich lerne wie ein solches Team funktioniert und wie unterschiedliche Meinungen man zu bestimmten Themen haben kann.
Heute war dann auch noch ein besonders schöner Tag. Hatte heute morgen eher nicht so gute Laune, gerade weil ich mich im Moment auch ein wenig krippig fühle. Bin dann auch gar nicht lange auf Station geblieben, sondern so ca. um halb 8 mal mit zur EKT gegangen, um mir das mal näher anzuschauen. Bevor ich weitererzähle, sollte ich wohl erst einmal kurz sagen, was eine EKT ist etc. Also eine EKT steht für eine Elektrokrampftherapie (wurde früher auch Elektroschocktherapie genannt). Sie ist einer der erfolgreichsten Therapien der Psychiatrie  und was dabei gemacht wird ist, dass man dadurch, dass man die Patienten unter eine Narkose setzt, ihnen durch Verabreichung von  eletrischem Strom am Schädel einen eleptischen Anfall auslöst. Das klingt jetzt für den ein oder anderen wahrscheinlich etwas gruselig, und ich muss auch dabei sagen, dass ich mir die Durchführung auch nicht unbedingt nochmal mit anschauen muss, auch wenn ich mir das schlimmer vorgestellt habe. Jedenfalls wird die EKT bei Patienten benutzt, die schon sehr lange unter einer schweren Depression leiden und bei denen es kein Weg zur Besserung gibt oder wenn sie unter einer stärkeren Suizidalität oder wahnhaften Symptomen leiden. Dabei kommt aber auch nicht jeder Patient in Frage, es ist halt vorallem auch abhängig von der körperlichen Verfassung. Diese EKT- Behandlung geht über eine längere Zeit. Normalerweise gibt es so eine Reihe von 12 bis 20 Anwendungen (anfangs 3 mal in der Woche). Wie lange die Wirkung ist, oder ab welcher Anzahl von Behandlungen man eine positive Bestätigung hat, ist von Patient zu Patient unterschiedlich. Der Wirkmechanismus ist bis heute noch unerklärt, aber man kann es sich wohl wie bei einem RESET Schalter vorstellen, da es durch diese elekrischen Impulse zu einer Reizreaktion im Gehirn kommt, die dazu führt das die Neurotransmitter zwischen den Synapsen komplett ausgeschüttet werden. Dadurch soll im Gehirn der Stoffwechsel der Neurotransmitter und Hormone so beeinflusst werden, dass es wohl zu dieser Neuorganisation kommt, die eine Besserung herbei führt. Unerwünschte Wirkungen wie z.B, Gedächnissschwund können auftreten, bleiben aber nicht lange erhalten. Aufgrund der Geschichte dieser Methode ist es ein kontroverses Verfahren, was auch noch auf Widerstand stößt. Allerdings konnte durch diese Methode schon vielen Patienten geholfen werden.
Soweit so gut. Jedenfalls habe ich mir die Behandlung selber an einer Patientin angeschaut und war dann für mehrere Stunden noch mit im Aufwachraum gewesen, wo dann noch zwei andere Patienten mit überwacht wurden. Dabei ist es halt wichtig die Vitalzeichen zu beobachten, und auch wie die Patienten sich verhalten.
Der Pfleger, der das mit mir gemacht hat, war richtig nett und hat mir alles ausführlich erklärt. Zwischendurch war er auch mal kurz weg gewesen. Ein Patient, hat sich ziemlich viele Gedanken gemacht. Es war wohl schon seine 2. EKT- Reihe und heute war seine 9 Behandlung. Bei seiner ersten Reihe, hat es ihm geholfen, allerdings hat es nicht allzu lange angehalten und nach wenigen Monaten, wurde er erneut stationär aufgenommen und er wollte eine zweite EKT- Reihe haben. Dadurch, dass es beim letzten Mal bei der 9 Behandlung angeschlagen hat, hat er sich ziemlich unter Druck gesetzt und er hatte ziemliche Angst, dass es sich bei ihm nicht bessern wird, uns das er dann nicht mehr weiter weiß. Als ich mit den Patienten alleine war, hat er wieder damit angefangen, und ich habe versucht beruhigend auf ihn einzureden. Er tat mir auch einfach so leid, da er meinte, dass er dieses Wochenende nach Hause geht und nicht genau weiß was er denn zu seiner Familie sagen soll, die sich natürlich wünschen, dass er sich bessert. Ihm kamen dabei auch die Tränen und er meinte, es wäre schrecklich in diesem Zustand zu sein, indem nichts wirklich zu einer Besserung führt. Später, als er sich wieder beruhigt hat, hat er sich bei mir bedankt und gesagt, dass ich meine Sache gut mache. Es war so schön, dass in dieser Situation zu hören.
Dann, als alle Patienten soweit wieder fit waren und wieder auf die Stationen konnten, bin ich auch wieder auf Station, wo es ein ziemliches Durcheinander gab. Ich habe mich dann später noch in den Aufenthaltsraum zu ein paar Patienten gesetzt und mich ein wenig mit ihnen über ihr kommendes Wochenende unterhalten. Eine Patienten meinte, dann als sie mich gefragt hat, was ich denn genau für ein Praktikum mache, wie toll ich wohl meine Arbeit machen würde und, dass ich sehr authentisch rüber kommen würde. Eine andere Patienten fragte mich darauf, ob ich denn mal Krankenschwester werden wollen würde, und auch, dass ich Talent hätte. Ich kann gar nicht richtig beschreiben, wie unglaublich schön es war, das zu hören. Vor allem von den Patienten selber. Es war einfach ein riesiges Kompliment für mich, und es macht mich immer noch glücklich, wenn ich daran denke. Es ist auch so schön zu wissen, dass obwohl ich keine ausgebildete Fachkraft bin, meine Arbeit wohl doch so gut mache dass die Patienten das selbst so beurteilen. Generell merke ich auch einfach, dass viele Patienten sehr dankbar sind, und wie ich oben schon erwähnt habe, mir vertrauen. Das merke ich schon allein, wenn ich auf Station komme und ich die Patienten begrüße.
Ich fühle mich auch sehr an die Zeit erinnert, als ich mein Praktikum in der Suchthilfeeinrichtung gemacht habe, von der ich ganz zu Beginn meines Blogs mal erzählt habe. Auch da war es so, dass ich den "Patienten" in gewisser Weise Kraft gegeben habe- sie mir im Gegenzug aber mindestens genauso viel. 
An so einem Arbeitstag wie heute, in dem ich mit eher schlechter Laune reingegangen bin, und dann aber mit so einer viel besseren Laune nach Hause komme, wird mir mal wieder bewusst, dass ich genau die richtige Entscheidung mit meinem FSJ getroffen habe. Es war einfach ein besonders schöner Tag.


Das war jetzt ja wohl wieder mal ein relativ langer Beitrag.:) Es war mir aber einfach wichtig diesen Tag und meine anderen positiven Eindrücke nochmal hier festzuhalten, und ich denke, die paar Hintergründe zur EKT könnten für den ein oder anderen vielleicht ganz interessant gewesen sein.


Bis demnächst,
Louisa


- Lied des Tages: Carrie Hope Fletcher- the way we were (hach, so ein schönes Lied für die Jahreszeit...)
http://www.youtube.com/watch?v=cON3qGI6NTI