Donnerstag, 6. Februar 2014

 Eine der wichtigsten Dinge, die man im FSJ lernt



Man kann wirklich sagen, dass ich schon allerhand in meinem FSJ gelernt habe. Soviel, dass sich die 6 Monate schon wie eine ganze lange Reise an fühlen, die ich in einem Jahr hätte erlebt haben können. 
Es gibt aber auch noch einiges was ich lernen kann und will in dem nächsten Halbjahr, jedoch habe ich schon eine wichtige Lektion gelernt. Und jeder, der ein FSJ gemacht hat oder gerade dabei ist wie ich kennt sie: die Lektion die mit dem Problem einhergeht zu lernen, sich während seines FSJ richtig einzuschätzen bzw. vorallem sich nicht zu überschätzen. Und das denke ich ist vordergründig ein Problem wenn man, wie ich ein FSJ in der Psychiatrie macht.
Natürlich spreche ich gerade nur aus eigener Erfahrung, aber ich denke ich liege auch nicht schwer falsch wenn ich behaupte, jeder der mit seinem FSJ oder auch meinendwegen Praktikum oder generellen Arbeiten in einem neuen Arbeitsplatz anfängt, möchte sich in gewisser Weise unter Beweis stellen und einen guten Eindruck machen. Dadurch entsteht aber oftmals das Gefühl alles richtig machen zu wollen, was und das ist wichtig, nicht damit gleichzusetzten ist, alles, was einem aufgetragen wird letztlich auch machen zu müssen.
Es ist wichtig, auf sein eigenes Gefühl zu hören und seine Gedanken auch mitzuteilen und nicht für sich zu behalten. Und dass man sich einer Aufgabe nicht gewachsen fühlt, heißt nicht automatisch, dass man schlecht ist. Letztlich geht es darum, seine Grenzen kennenzulernen und ein besseres Gefühl zu entwickeln, was man kann und was man nicht oder noch nicht kann. Das wiederrum kann man nur mit der Zeit lernen und indem man immer wider neue Situationen erlebt. 
Mir zumindest ist es ziemlich schwer gefallen und fällt es teilweise immer noch schwer mich und meine Fähigkeiten etc. richtig einzuschätzen. An meinem ersten Tag, damals noch in der Kinder- und Jugendpsychiatrie war ich hochmotiviert und wollte sofort anfangen, habe aber ganz schnell gemerkt, dass ich erst einmal die ganzen komplett neuen Eindrücke verarbeiten musste und andererseits erst einmal diese völlig neue Welt kennenlernen musste um mich zurecht finden zu können. Tagelang war die Aufgabe, die ich von meinen Kollegen bekommen habe erst einmal zu zuschauen und alles zu beobachten. Klar, geht einmal das mit der Zeit auf den Keks, man möchte endlich mithelfen und arbeiten. Aber ich sag dir eins, diese ersten paar Tage und Wochen sind die Wichtigsten und es ist völlig in Ordnung oder viel mehr es muss so sein, dass man sich erst zurück nimmt. Sobald dann die ersten Aufgaben kommen will man gleich loslegen, nach all der Zeit in der man hauptsächlich den stillen Beobachter gespielt hat. Bei mir war es dann so, dass ich gleich bei manchen Aufgaben gemerkt habe, dass sie schwieriger sind als die ausgesehen haben. Ich habe sie unterschätzt. Zumal in einer Psychiatrie Situationen vorkommen können, die vollkommen unerwartet und herausfordernd sein können. In welchen, man sich nicht nur selbst von seiner Psyche her gefährden kann, sondern auch den Patienten. Aber der Schutz von einem Selbst geht immer vor.
Meine Erfahrung womit ich die Lektion hauptsächlich gelernt habe, war im Dezember, als wir eine Krebspatientin auf Station hatten. Es ist schwierig diese Situation zu beschreiben, aber es war so, dass ich mich in gewisser Weise für sie verantwortlich gefühlt habe und sie gerne täglich sehen wollte, damit ich wusste wie es ihr ging. Eigentlich hatte ich Angst um sie. Ich habe an dem Bild festgehalten, wer sie einmal war auch wenn dieses Bild immer mehr verschwommen ist, da sie Metastasen im Kopf hatte und zwischen Stimmungen und in gewisser Weise auch in Persönlichkeiten gewechselt hat. Es waren nicht meine Kollegen gewesen, die sie mir aufgedrängt haben und mich in ihr Zimmer geschickt haben um sie zu pflegen. Viel mehr wollte ich es selbst. Diese intensive Zeit ging so eine Woche lang und von einem Moment auf den Anderem wurde mir erst bewusst, was das alles schleichend mit mir angestellt hat. Meine Nerven waren ziemlich am Ende. Das alles habe ich aber erst dann und noch stärker nach mehreren Urlaubstagen so richtig wahrgenommen.
Damit will ich sagen, dass man sich überschätzt hat, merkt man meist erst, wenn es schon zu spät ist. Trotzalledem ist es wichtig diese Erfahrung mal zu machen, da sie einem die eigenen Grenzen aufweist, die man für die bessere Einschätzung von sich selbst braucht.
Seidem fällt es mir zwar immer noch nicht leicht mich stets richtig einschätzen zu können und mich freiwillig aus Situationen rauszuziehen, denen ich mich nicht gewachsen fühle, aber wenn ich an diese Zeit im Dezember denke, ist mir mehr denn je bewusst, dass es mit das wichtigste ist, dass man sich selbst schützt. Auch wenn man Kollegen wie ich hat, die sehr einfühlsam und verständnisvoll sind, selbst die können einen nicht immer richtig einschätzten wenn sie einem eine Aufgabe geben. Vorallem wird es schwierig, wenn man schon längere Zeit in seiner Einsatzstelle ist, und man von seinen Kollegen aus zum Team dazugehört und man sich selber auch dazugehörig fühlt.
Schließlich geht es nicht darum sich komplett auszupowern und seine Grenzen überzustrapazieren sondern viel mehr auch wider gesund aus dem FSJ raus zu kommen. Es geht darum, dass richtige Maß zu finden, zwischen ich unterschätzte mich und traue mir nichts zu, und ich mache zu viel und bin komplett überfordert. Meine Kollegen und mittlerweile auch ich, haben mehrere Schüler erlebt, die damit schwer zu kämpfen hatten.


Man braucht Mut dazu, sich einzelnen Situationen zu stellen aber genauso viel oder sogar mehr Mut um sich selber zurückzunehmen und jemanden mitzuteilen, das man sich für manche Sachen nicht gewappnet fühlt




Bis demnächst,
Louisa


-Lied des Tages: Young the Giant- Anagram