Freitag, 27. Juni 2014

Zusammengeführte Gedanken

 

Es ist eine Tatsache, dass Menschen, die unter einer psychischen Erkrankung leiden von einem Großteil der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Sie sind einfach nicht "normal" und somit wohl nicht dazu im Stande den Werten und Normen der Gesellschaft gerecht werden zu können.
Die Wahrheit ist ihnen wird keine Chance eingeräumt. Die Wahrheit ist, dass die meisten Menschen von psychisch kranken Menschen und psychischen Erkrankungen nichts wissen wollen. Die Wahrheit ist, dass jene Menschen, die über psychische Erkrankungen aufgeklärt sind und Menschen mit eben solchen Erkrankungen akzeptieren, meist selbst erkrankt sind, Verwandte haben die erkrankt sind oder in diesem Umfeld arbeiten.
Für mich persönlich ist das eine traurige Wahrheit.
Diese Menschen, die ich als Patienten auf meiner Station kennenlerne, sind vor allem das: Menschen, so wie du der das hier liest. Sie sind nicht die Erkrankung, sie sind eine Persönlichkeit mit einem individuellen Charakter, mit eigenen Gefühlen und Gedanken.
Sie sind Menschen, die zum großen Teil sehr viele Schicksalschläge in ihrem bisherigem Leben erleben mussten, die Leid erfahren haben in allen erdenklichen Formen. 
Jeder Mensch kann eine psychische Erkrankung in seinem Leben bekommen. Jeder. Keiner und zwar absolut keiner ist davon ausgeschlossen. Man kann sich einzig und allein glücklich schätzen wenn man selbst nicht betroffen ist.
Ich selbst habe in der Psychiatrie, auf der ich mein FSJ ableiste, bisher über 100 psychisch erkrankte Menschen kennengelernt. Mir sind so einige Schicksale sehr ans Herz gegangen. Doch vorallem anderem, was ich gelernt und gesehen habe, habe ich unter den Patienten, Menschen kennengelernt, die hätte ich sie nicht in diesem Rahmen kennengelernt, gerne als private Freunde gehabt hätte. 
Sie bringen mir bei, wie man aus den allerschlimmsten Zeiten wieder heraus finden kann. Sie bringen mich zum lachen und zum staunen. 
Um nicht falsch verstanden zu werden, fühle ich mich gezwungen nochmal zu sagen, dass diese Menschen natürlich auch anstregend sein können und teilweise anspruchsvoll und so manch einmal viel von einem abverlangen, doch diese Menschen sind schwer krank, und wie ich sagte, wir sind nicht nur den Unterschied des gesunden und psychisch kranken Zustandes voneinander getrennt,  sondern, durch die Tatsache, dass wir beide Menschen sind miteinander verbunden.

Es macht mich traurig, dass noch so viele Vorurteile gegenüber diesen Menschen herrschen.
Wenn ich anderen Menschen, sei es Verwandte, Freunde oder Menschen, die ich kennenlerne auf die Frage hin, was ich gerade so mache antworte, dass ich ein FSJ in der Psychiatrie mache , griege ich immer die selben Arten von Reaktion zu hören.
Entweder es folgt darauf ein "Ach ja...das ist sicherlich auch interessant, aber bestimmt auch anstrengend..." oder eine Aussage wie "Soso, dann bist du also bei den Verrückten" (wobei ich mir noch nicht mal sicher bin, dass das als ernst gemeinter Witz gemeint werden kann), worauf auch schnell ein Themenwechsel folgt.
Ganz selten ist jemand wirklich interessiert, fragt genau nach was ich dort denn so Tag ein Tag aus mache, wie die Tagesabläufe aussehen oder sonstiges.
Und das muss ich ganz ehrlich sagen macht mich traurig. Kurz nachdem ich mit meinem FSJ angefangen habe und die ersten dieser Kommentare kamen, war ich noch sauer auf diese Leute, weil ich es besser als sie wusste, sie mir aber nicht zuhören wollten, da das Thema ja womöglich ansteckend wie eine unangenehme Krankheit sein könnte. 
Doch mittlerweile habe ich verstanden, dass es leider so ist wie es ist: die Gesellschaft an sich, nicht der Einzelne ist das Problem, was nicht heißt, dass ich nicht mehr dazu beitragen möchte das zu ändern. 
Auch hat sich mir das Problem geöffnet, einem Menschen, der noch nie in Kontakt mit dem Thema Psychiatrie und psychische Krankheiten im realen Leben getreten ist,  dieses Thema näher zu bringen. Es ist nun mal eine vollkommen andere Welt, die sich Menschen öffnen müssen. Es ist schwierig, Erlebnisse aus meinem FSJ zu erzählen ohne lang und breit auszuholen und gleichzeitig alles so dar zu geben, dass man es sich wirklich vorstellen kann und das es dem entspricht wie es ist. Das ist nicht einfach und es frustriert mich immer mehr, dass ich, die andere gerne für dieses Thema sensibilisieren möchte, Schwierigkeiten damit habe das so umzusetzen, wie ich es mir wünschen würde. 

Was ich fordere ist Gerechtigkeit. Mehr nicht.
Schon in der Schule sollten junge Menschen meiner Meinung nach, das erste Mal in Kontakt mit psychischen Erkrankungen kommen. Und auch allgemein sollte viel mehr Aufklärung darüber herrschen, und zwar am Bestem von aktuell oder ehemaligen Betroffenden selber.
Das hätte nicht nur den Effekt, dass Menschen offener mit diesem Thema umgehen, sondern, bei sich selber oder in ihrem Bekanntenkreis, früher psychische Erkrankungen erkennen würden, die nämlich in viel zu vielen Fällen mangels schlechter Aufklärung erst erkannt werden, wenn sie schon weit vorangeschritten ist.


Fürs erste ist dieser kleiner Text das nächst beste, was ich gefunden habe, um all diesen Gedanken einen Raum zu geben, und somit zu hoffen, dass sie bei anderen genauso ankommen, wie ich sie gemeint habe.


Bis demnächst,
Louisa




Lied des Tages: The Cinematic Orchestra- Arrival of the brids and transformation
                              https://www.youtube.com/watch?v=MqoANESQ4cQ

2 Kommentare:

  1. Ich finde, das ist ein sehr schwieriges Thema und wohl für viele einfach auch nicht so nachvollziehbar. Wenige Menschen haben ja wirklich mit psychisch kranken Menschen zu tun und können schlecht einschätzen wie deren Leben wirklich ist. Letztlich gibt es halt auch viele Menschen, gerade heutzutage, die zu leichtfertig mit all diesen Begriffen um sich herum werfen. Die mal eben ein Burnout haben, mal schnell für nen Monat unter Depressionen leiden usw. Gerade durch so was, wird halt auch nicht unbedingt die Toleranz zu denjenigen gefördert, die wirklich leiden und Probleme haben. Und ich schätze, dass psychische Erkrankungen von vielen auch nicht so ernstgenommen werden wie Körperliche, die man eben wirklich sehen kann...

    Ich schätze das geht vielen so. ;) Wenn ich kann, nehme ich mir mittlerweile immer die Zeit und schreibe das wirklich gleich runter, aber manchmal geht das eben einfach nicht. Aber im Nachhinein ärgert man sich dann immer, weil eben dann doch nichts mehr so klingt wie man es im Kopf hatte.

    Polaroids sind aber auch einfach ein großer Spaß! Ich mag das gern und spiele auch viel damit rum. Letztlich sind die halt immer etwas tricky, gerade heutzutage. Man würde gar nicht glauben bei wie vielen Lichtsituationen Polaroids nicht gut werden usw...

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  2. Vielen Dank für deine lieben Worte!
    Es gibt auch auf Film ein paar beeindruckende Ergebnisse, was Doppelbelichtung angeht. Ich kenne da ein paar tolle Beispiel und möchte es auch unbedingt mal auf Film probieren. Wobei man da natürlich eine Filmrolle zwei mal einlegen muss (um den Effekt wirklich zu beabsichtigen... man kann nur bei echt wenigen Kameras ein Foto zwei Mal belichten ohne weiter spulen zu müssen).

    Ich kann dich da nur zu gut verstehen. Ich denke das Problem ist einfach wirklich, dass mit dem Wort "Depression" heutzutage wirklich ein bisschen zu schnell herum geworfen wird. Genauso wie Burn-out usw. Das haben heute einfach zu viele Menschen und sagen so was zu leichtfertig. Dadurch werden sicherlich viele ernsthaft Erkrankte nicht so ganz erst genommen. Vor allem, weil solche Dinge halt viel schwerer zu "beweisen" oder auch meistens gar nicht richtig ersichtlich sind. Man sieht einem Menschen eine Depression ja nicht unbedingt gleich an...

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